Lose Gedanken zur Klimakrise

Durch | 15. April 2023

Das Schlagwort mit dem ich Klima-Texte markiere heißt ab heute nicht mehr Klimawandel, sondern Klimakrise.

Die Klimakrise ist gerade in vieler Munde. Leider nicht so wie es sein sollte. Aus allen Ecken tönt die Argumentation, dass mit der Kernenergie ein wichtiges Werkzeug gegen den Klimawandel aus der Hand gegeben wird. Mit Verlaub das ist Unsinn. Aktuell werden die letzten verbliebenen Reaktoren heruntergefahren, deren Leistung macht nur einen Bruchteil des aktuellen Energiebedarfs aus (ca. 5%, siehe Quelle 1). Damit wird der Kohleausstieg nicht verlangsamt. Der Kohleausstieg und andere Maßnahmen gegen die Klimakrise werden durch ganz andere Faktoren verlangsamt.
Die genannten 5% entsprechen 6,9 TWh. Die Einspeisung von Solaranlagen ins Netz liegt derzeit bei 8,46 TWh. (Quelle) Angesichts dessen, mit welcher Vehemenz bisher die Einspeisung von dezentral erzeugtem Solarstrom ins Netz behindert wird, entlarvt sich das Gejammere über den Kernenergie-Ausstieg als Nebelkerze. Mit anderen Worten: Mit einer Änderung der Regularien bzgl. privater Stromerzeugung und Einspeisung lassen sich die jetzt auslaufenden Kernkraftwerke entspannt ersetzen. In diesem Zusammenhang sei auch noch auf die aktuell laufende Petition an den Bundestag hingewiesen.

Und nochmal mit anderen Worten: Die aktuellen Gesetze sind darauf ausgerichtet, dass zentral agierende Stromerzeuger ihren Gewinn optimieren können. Dezentrale Stromerzeugung wird aktiv behindert.

Wer die Aussage bzgl. der aktiven Behinderung in Zweifel zieht, möge das Anmeldeformular der Bundesnetzagentur ausfüllen oder erklären, warum ich für eine KWh selbst erzeugten Stroms bei der Einspeisung nur 8,2 Cent erhalte, andererseits bei Konsum einer KWh ca. 30 Cent fällig werden. An dieser Stelle sei die sarkastische Frage an Markt-Apologeten gerichtet, worin sich eine von einer Aktiengesellschaft erzeugte KWh von einer privat erzeugten KWh unterscheidet? An der Farbe des Stroms kann es nicht liegen.

Sarkasmus bei Seite: Aktuell ist die Stromerzeugung ein sehr gutes Geschäft für kapitalistisch agierende Großunternehmen. Konkurrenz, die den Markt belebt, ist nur eine Floskel. Große Unternehmen tun viel dafür die Gesetzgebung so zu beeinflussen, dass Konkurrenz behindert wird. Derzeit lässt sich die Bundesregierung von den Lobbyisten der Energie- und Mobilitätsbranche zu sehr beeinflussen.

In Sachen Bundesregierung. Die kürzlich vorgestellten Kompromisse rund um das Klimaschutzgesetz sind eine Farce und legen Zeugnis eines sehr seltsamen Rechtsverständnisses ab. Das Klimaschutzgesetz ist eigentlich relativ klar. Wird in einem Sektor ein Ziel nicht erreicht, muss der zuständige Minister ein Sofort-Maßnahmen-Paket vorlegen, um die Ziele einhalten zu können. Das ist eine durchaus übliche Konstruktion in Gesetzen. In meiner Heimatstadt wurden vor wenigen Jahren die Feinstaubgrenzen überschritten. Die Alternativen waren Fahrverbote auszusprechen oder Maßnahmen zur Verringerung der Feinstaubbelastung zu ergreifen. Zweiteres wurde dann gemacht. Temporeduzierung, Feinstaubfilter an Durchgangsstraßen, E-Roller Infrastruktur usw. sorgten dafür, dass die Feinstaubbelastung schnell und signifikant gesunken ist. Das Prinzip „Ziele und Maßnahmen“ funktioniert also. Auf Bundesebene ist die Situation eine andere. Hier weigern sich zuständige Minister standhaft, Maßnahmen-Kataloge vorzulegen. Stattdessen werden in einer Koalitionsklausur Änderungen am Klimaschutzgesetz beschlossen, die das Fehlverhalten der Minister nachträglich legalisieren. Die Schwelle für die Pflicht, Maßnahmen vorzuschlagen wurde erhöht. Jetzt müssen die Ziele in mehreren Sektoren in aufeinander folgenden Jahren überschritten werden, bevor politische Handlungspflicht entsteht. Für die juristischen Details verweise ich auf den Verfassungsblog.

Wenn man über die Rechtfertigung und Kriminalisierung von Klimaprotesten debattiert, sollten frau*mann im Kopf behalten, dass am Anfang ein Rechtsbruch einzelner Ministerien stand.

2 Gedanken an “Lose Gedanken zur Klimakrise

  1. jim zimmermann

    sehr gut, habe das sofort weitergeschickt.
    so diffus weiß man das ja als kritischer mensch,
    aber nur einer wie aebby setzt sich hin und schreibt es genau auf.
    danke!

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    1. Aebby Beitragsautor

      Hallo Jim, weitersagen ist gut, Danke. Keine Ahnung warum Dein Kommentar in der Warteschleife war, da muss ich mal schauen, LG Aebby

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