Politischer Etikettenschwindel

Durch | 30. September 2023

Warum schreibe ich diesen Text?

In den letzten Monaten habe ich in meinem erweiterten Bekanntenkreis einige politische Diskussionen geführt, die teilweise in in Dissenz und spürbarer Verstimmung endeten. Vorsichtig formuliert war ich überrascht wie populär manche Positionen der rechtskonservativen Politik mittlerweile geworden sind. Das bereitet mir Sorge bzw. macht mir schon Angst. Es zeigt mir, dass es zur realen Möglichkeit geworden ist, dass in den anstehenden Wahlen Regierungen mit Beteiligung der AFD entstehen. Es ist zudem offensichtlich, dass Parteien wie CDU, CSU oder die Freien Wähler in Bayern kein Problem damit hätten mit der AFD zu koalieren. Wenn das geschieht, wird sich unser Staat und unsere Gesellschaft spürbar verändern. Viele Errungenschaften der Nachkriegszeit werden verloren gehen. Probleme unsere Gesellschaft werden sich weiter verschärfen anstatt gelöst zu werden. Dieser Gedanke zu dem ich weiter unten noch konkreter schreiben werde hat mich zu dem Titel dieses Beitrags inspiriert.

Etikettenschwindel?!

Zitat aus der Wikipedia:

Das Wort Etikett hat seine linguistische Herkunft in der mittelfranzösischen Sprache, zur Zeit des Mittelalters. In dieser Zeit wurde ein spezieller Spickzettel, der Anweisungen für das Verhalten bei einer Hofzeremonie enthielt, verwendet. Damit war „die Etikette“ eine Zusammenfassung für ein komplexes Sozialverhalten. Das Wort Schwindel, im Sinne einer (leichten) Lüge, hat eine deutlich jüngere Wortherkunft. Das zusammengesetzte Wort Etikettenschwindel kann erst Ende des 20. Jahrhunderts nachgewiesen werden und wird seitdem in drei Kategorien benutzt:

Im Sinnzusammenhang mit einem Handelsgut. Umgangssprachlich die häufigste Form. Als Metapher im sozialen Kontext: „Nicht das bekommen, was erwartet wurde.“ Hier existieren viele regionale und temporäre Ausprägungen im Sprachgebrauch. Im juristischen Sinne als Täuschungsmanöver. Die Verwendung erfolgt aber nicht als juristischer Terminus.

https://de.wikipedia.org/wiki/Etikettenschwindel

Etikettenschwindel am Beispiel der Aussagen des CDU Chefs:

„Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“

https://www.deutschlandfunk.de/merz-zur-migrationsdebatte-und-die-medien-100.html

Es stimmt, dass es schwierig ist bei Fachärzten Termine zu bekommen. Davon kann ich ganz persönlich in diesem Jahr ein Lied singen. Der Grund hierfür sind aber nicht Asylbewerber sondern die profitorientierte Zwei-Klassen-Medizin, die sich aus der Privatisierung des Gesundheitswesens entwickelt hat. Herr Merz gehört definitiv zum wirtschaftsliberalen Teil der CDU, ist Befürworter international freier Kapitalströme und würde den Sozialstaat weiter abbauen und das Solidarprinzip weiter aushöhlen. Wenn Herr Merz das Sagen hätte, würde das Problem mit den Arzt-Terminen noch viel schlimmer werden wie es heute schon ist.

Was können wir tun?

Mit wir meine ich all jene Menschen, die lieber in einer freiheitlichen und solidarischen Gesellschaft statt in einer neoliberalen, konkurrenzorientierten und ausgrenzenden Gesellschaft leben möchten. Es ist an der Zeit in die Auseinandersetzung zu gehen. Die Zeit des Schimpfens in der eigenen Filterblase ist vorbei. Wir müssen die Gespräche und Diskussionen in der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis führen und riskieren, dass es anstrengend und manchmal streitig wird. Es gilt jetzt die unangenehmen Diskussion zu führen und auch Brüche zu riskieren.

So gesehen ist dieser Text auch Startpunkt für weitere in denen ich von Diskussionen, die ich real geführt habe, berichten werde. Vielleicht ziehen die Diskussionsbeiträge Kreise.

Die erste Diskussion von der ich berichte ist die Verabschiedung der Steuersenkungen im Thüringer Landtag mit den Stimmen von CDU, FDP und AFD. Steuersenkung ist gut, die AFD, CDU und FDP haben etwas Gutes für die Menschen gemacht. So wurde es mir erzählt. Dass es bei der Steuersenkung um die Senkung der Grunderwerbssteuer ging wurde erst im Gespräch klar. Interessanterweise hatte ich das auch erst nach einer kurzen Recherche herausgefunden, weil in den ersten Meldungen der Medien nur von Steuersenkungen die Rede war. Es wurden also jene entlastet, die sich den Erwerb von Immobilien leisten können oder gar ein Geschäft mit dem Erwerb von Immobilien machen. Wenn CDU, FDP und AFD von Hilfen und Besserungen für Bürger:innen sprechen, lohnt es sich immer genau hinzuschauen wem genau geholfen wird.


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6 Gedanken an “Politischer Etikettenschwindel

  1. jim

    …und wenn sich die arglosen menschen die ziele der afd hgenauer ansehen würden – was sie offenbar nicht tun – wäre ihnen klar, dass die afd propaganda, die angeblich für den kleinen mann kämpft, das exakte gegenteil bewirkt: abbau der sozialleitungen, schwächung der gewerkschaften, mehr geld für die reichen, weniger geld für die armen. die ganze afd ist ein etikettenschwindel par exellance…

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    1. Aebby Beitragsautor

      Zustimmung + Ergänzung: Etikettenschwindel (zumindest teilweise) betreiben fast alle politischen Parteien. Das Schlimme ist, dass die Aufdeckung immer schwieriger wird, weil allenortens die einfachen plakativen Aussagen nach oben gespült werden und kaum jemand die Zeit die Originaltextezu lesen. Das gilt im Übrigen in alle Richtungen.

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  2. Christian W.

    Ja, die Diskussionen werden anstrengender, ich merke das hier auch. Aber wir müssen sie führen, schon allein um dem Eindruck entgegenzuwirken, dass eine große schweigende Mehrheit einem Rechtsruck mit allen üblen Begleiterscheinungen wohlgesonnen ist. (Und manchmal findet man dann auch an unerwarteter Stelle Gleichgesinnte :-))

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  3. Frau Momo

    Auch von mir volle Zustimmung. Diskussionen führen… auch da stimme ich Dir zu, muss allerdings auch feststellen, dass es schwierig ist, weil gerade die, die lieber den platten Parolen eines Herrn Merz glauben oder auch denen der AFd genau daran nicht interessiert sind.
    Wir haben es gerade live erlebt. Statt sich inhaltlich auseinanderzusetzen, bekommen wir anonyme Hassmails…

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