der unheilige Krieg

Durch | 14. Oktober 2023

oder warum ich außer diesem Beitrag nichts weiter zur Lage in Nahost schreiben werde. Eigentlich möchte ich nur zwei Bücher empfehlen und drei ganz kurze Geschichten erzählen.

Das erste Buch lieferte den Titel des Beitrages: „Der unheilige Krieg“ von Gerhard Konzelmann, das Buch erschien vor knapp 40 Jahren. Er beschreibt in dem Buch die damaligen Krisenherde im Nahen Osten. Das war vor 40 Jahren schon ein kaum zu überschauendes Wirrwarr an Kampfhandlungen und Parteien, seither ist noch viel schlimmer und unübersichtlicher geworden. Das Lesen des Buches ist sehr verwirrend und anstrengend, alleine die Informationen welche Konfessionen und Religionen es wirklich in der Region gibt war erhellend und verwirrend. Das ist bei weitem nicht so einfach wie es in den Medien berichtet wird.

Das zweite Buch ist von Sönke Neitzel und Harald Welzer. Es heißt „Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben.“ Das ist nicht nur schwierig sondern auch erschreckend zu lesen. Es geht entgegen des Klappentextes nicht nur um den zweiten Weltkrieg und die Wehrmacht sondern in kürzeren Kapiteln auch um Vietnam und die jüngeren Kriege in Nahost. In dem Buch wird letztendlich das Kultursystem Gewalt beschrieben, das sich in bewaffneten Konflikten entwickelt, etabliert und stabilisiert. Es ist unvorstellbar welche Abscheulichkeiten von kämpfenden Truppen verübt werden und von den Kämpfenden als normal empfunden werden.

Im Nahen Osten herrscht praktisch seit 80 Jahren Krieg bzw. ein Kriegszustand. Die ganze Zeit wird gekämpft und es wird nur über einen Bruchteil in den Medien berichtet. Wir können uns nicht mal in Ansätzen vorstellen was es heißt in einer solchen Situation zu leben und wir können nur erahnen wie sich die Menschen verändern und anpassen. Dabei spielt es keine Rolle zu welchem Staat, Organisation, Religion oder Volk sie gehören.

Der Bus … erzählt von einer Freundin, die eine Zeit lang in Israel gelebt hat. Sie fuhr mit dem Bus, der überwiegend mit Schulkindern besetzt war. Sie stieg aus, der Bus fuhr weiter und explodierte noch in Hörweite. Dieser Anschlag wurde in unseren Medien nie berichtet.

Die Raketen … erzählt von meiner Tochter, die in einer ruhigen Zeit zum Schüleraustausch in Israel war. Besuch auf den Golanhöhen. Sie traf dort eine Gruppe norwegischer UN-Soldaten, die auf dem Heimweg waren und Erinnerungsfotos schossen. UN-Soldaten wurden zu der Zeit abgezogen weil es „ruhig“ war. Während sie auf den Höhen stand schlugen auf der Ebene unterhalb (Syrien) ein halbes Dutzend Raketen in Bauerndörfern ein. Es war nicht mal klar wer die Raketen abgefeuert hatte. Irgendeine Miliz hat immer einen Grund.

Die Gartenschläuche … in den Bildern aus palästinensischen Flüchtlingslagern fallen immer wieder Kabel und Schläuche auf, die über die Straße hängen. Diese Lager existieren teilweise schon Jahrzehnte, dort sind mittlerweile Generationen aufgewachsen. Die Gartenschläuche wurden zumindest in einem der großen Lager von Jassir Arafat organisiert, so entstand sein damaliger Rückhalt in der palästinensischen Bevölkerung. Mittlerweile sind selbst „seine“ Organisationen PLO und Fatah Geschichte.

Ich könnte noch mehr Geschichten erzählen – es wird aber vielleicht schon jetzt deutlich, dass ich mich außer Stande sehe im aktuellen Konflikt zwischen Gut und Böse zu unterscheiden.

Erlittene Gewalt ist oft Auslöser neuer, vergeltender Gewalt – sie ist aber keine Legitimation.

Es gibt noch eine Frage, die mir nicht aus dem Kopf geht. Der Gaza-Streifen ist knapp 40 km lang und 10 km breit. Die Grenzübergänge werden eng kontrolliert. Wie konnten in den letzten Jahren unbemerkt tausende von Raketen dorthin transportiert werden?



2 Gedanken an “der unheilige Krieg

  1. Der Wilhelm

    Erstmal Vielen Dank für die Buchvorstellungen – den Text von Konzelmann habe ich damals Kurz nach seinem Erscheinen übrigens schon gelesen – und für die Berichte aus Deinem persönlichen Umfeld, die noch mehr verdeutlichen, was Du zu diesem 80-jährigen Krieg empfindest.
    Mir geht es da ähnlich und ich habe auch keine Vorstellung wie sich das Drama des Nahen Ostens je lösen lassen könnte.

    Recht gebe ich Dir mit Deinem Fazit:

    „Erlittene Gewalt ist oft Auslöser neuer, vergeltender Gewalt – sie ist aber keine Legitimation.“

    Das sehe ich genauso und es gilt für alle Beteiligten, solange nicht endlich die Vernunft die Oberhand gewinnt

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